Münchner
Abendzeitung 10.11.01
"Hier schlafen Sie mit einem Original"
Im Galerie-Hotel Leipziger
Hof gehört Kunst zum Roomservice
von Angelika Boese
Das Leipziger Allerlei hat�s bekanntlich
in sich. Von der Moritzbastei bis zur Modenacht, der Lachmesse
bis zum Bachfest, von der Jazzszene bis zum Honky Tonk:
an Elster und Pleiße ballt sich die Kultur. Sogar
eine Hoteladresse gibt es für Leute, die noch nicht
ohne kulturellen Kick in die Federn sinken wollen: der Leipziger
Hof.
Hinter der klassischen Gründerzeit-Fassade
verbirgt sich ein Hotel voller Kunstschätze
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"Hier schlafen Sie mit einem Original",
wirbt die Herberge wahrheitsgemäß. Der Gründer
und Eigentümer, der rührige Münchner Physikprofessor
Klaus Eberhard, hat Gemälde und Grafiken aus etlichen
Epochen zusammengetragen und in seiner Herberge ausgestellt.
Darunter auch eine Serie von Radierungen, die 18 Leipziger
Künstler anlässlich des 250-jährigen Bestehens
des Gewandhausorchesters geschaffen hatten. 1995, drei Jahre
nach der Eröffnung, wurde die ständige Sammlung
durch die "Galerie Leipziger Hof" mit Arbeiten von Werner
Tübke eröffnet.
Nicht nur die Leipziger Buchmesse im März
bringt kunstsinnige Gäste in die Stadt. Auch Kabarettisten
zählen zu den Gästen, die Kunst im Hotel zu schätzen
wissen.
Gerhard Polt ließ sich sogar portraitieren.
Sein Konterfei schuf der Leipziger Sighard Gille. Der bayrische
Bühnenkünstler revangierte sich, als Gille sein
712 Quadratmeter großes Deckengemälde im Gewandhaus
der Öffentlichkeit übergab: Polt hielt die Rede
bei der Vernissage.
Schon in den 80er Jahren, als noch die
SED über die "political correctness" wachte, waren
hier Münchens Kabarettstars vertraute Gäste. Der
Weg zum ersten Gastspiel war verschlungen: Dieter Hildebrandt
und Werner Schneyder spannten den damaligen östereichischen
Regierungschef Bruno Kreisky ein. Und der setzte bei Erich
Honecker Auftritte der Lach -und Schießgesellschaft,
Polt und der Biermösl Blosn beim Kabarett Academixer
durch. Seither haben die Münchner Künstler in
Leipzig ein treues Stammpublikum- und Hotelchef Eberhard
treue Stammkunden.
Das Hotel als Kunstraum bietet neben Arbeiten
Leipziger Lokalkünstler auch überregional Wichtiges:
So z.B. die Lithografie "Städtisches Obdach" von Käthe
Kollwitz aus dem Jahre 1926. Die ehemals als entartete Kunst
verpönte Kollwitz-Kunst erwarb Eberhard direkt vom
Museum der Bildenden Künste.
Nicht nur das Treppenhaus des denkmalgeschützten
Anwesens, auch in allen Zimmern hängen Originale.
Ein Sprecher der Stiftung Ostdeutscher Kulturrat sprach
von einem Glücksfall für die Gäste: "Das
man an der Wand eines Hotels einer Lithografie von Käthe
Kollwitz begegnet, ist schon fast eine Sensation zu nennen."
Man muss übrigens kein Hotelgast (Zimmerpreise
ab 139 Mark) sein, um die Kunstwerke zu sehen. Jeden Mittwoch
um 18.00 Uhr lädt der Leipziger Hof zur kostenlosen
Führung durch die Sammlung und zum Gedankenaustausch.
Und wenn man Glück hat, hockt beim anschließenden
Anstoßen der Schöpfer eines dieser Schätze
womöglich leibhaftig mit im Raum.
Info: Galerie-Hotel Leipziger Hof, Hedwigstr.
1-3, 04315 Leipzig, Tel: 0341-69740, www.leipziger-hof.de